Trauma
Bindungstrauma / Beziehungtrauma
Bindungstrauma kann durch in früher Kindheit stattgefundene Beziehungsabbrüche, massive Missbrauchs-, Misshandlungserfahrungen entstehen. In den ersten drei Lebensjahren wird das Fundament für eine Bindungsfähigkeit hergestellt. In dieser Zeit ist Berührung wichtiger als Nähe. Berührung ist für ein Neugeborenes überlebenswichtig.
Entwicklungstrauma
Ein Entwicklungstrauma entsteht über einen längeren Zeitraum z.B. durch tyrannische Eltern, Mobbing u.a.
Sprechtherapie ist beim Entwicklungstrauma meist fruchtlos, da es die kognitive, linke Gehirnhälfte anspricht. Denn Entwicklungstraumata entstehen durch Eindrücke der rechten Gehirnhälfte, oft in einer Zeit in der sich das Kind noch nicht sprachlich mitteilen kann.
Schocktrauma
Schocktrauma kann durch ein unerwartet, übermächtig, erschreckend plötzlich eingetretenes Ereignis entstehen.
Der Begriff Trauma wird heutzutage inflationär verwendet. „Trauma“ bedeutet „Verletzung, Wunde“. Nicht alles, was heute so genannt wird, ist tatsächlich im therapeutisch fachlich engeren Sinn ein Trauma. Jeder Mensch erlebt in seinem Leben die eine oder andere Verletzung, Situationen, die vorübergehend aus der Bahn werfen. Durch traumatische Ereignisse muss keinTrauma entstehen, es muss keine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) zur Folge haben.
Ein psychisches Trauma bringt dich oft in ein Missverhältnis, in eine Widersprüchlichkeit mit deinen individuellen Bewältigungsstrategien.

Non-man-made Traumata
Naturkatastrophen (Erdbeben, Überschwemmungen usw.) sind meist in kurzer Zeit zu bewältigen, da z.B. durch die Umwelt solidarische Hilfe zu erhalten war, die Mitbetroffenen sich einfühlen konnten und gleiches Leid erlitten hatten.
Man-made Traumata
Primäre Bedrohungen
- Seelische, körperliche, sexuelle, verbale Gewalt
- Arbeitsunfälle
- Raubüberfälle, Geiselnahme
Sekundäre Bedrohungen
- Amokläufe
- Suizidversuche, Suizide
- Konfrontation mit entstellten Menschen, Toten
Das man-made Trauma hat seine Tragik, wirkt oft stärker, da der „Täter“ im schlimmsten Falle eine wichtige Bezugsperson wie Mutter / Vater ist und das Umfeld das Leid des Betroffenen nicht einmal erahnt oder gar mit verdeckt.
Resilienz (psychische Widerstandskraft) ist die Fähigkeit, herausfordernde Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen. Der erlittene Schmerz sollte weder geleugnet noch bagatellisiert werden, sondern aufgearbeitet und verarbeitet werden.
Das Gleiche gilt für Vermeidung, diese kann unmittelbar nach dem Geschehen dem Selbstschutz dienen. Dauerhaftes Vermeiden der quälenden Erinnerung führt häufig zu Konfrontation durch unerwartet auftauchende Trigger. In Vergangenheit Erlebtes wird im hier und jetztwiederbelebt und kann zu erneuter Dissoziation, Totstellreaktion, Erstarrung oder anderen bizarr erscheinenden Handlungen führen.
Gelingt es, dein inneres Potential auszuschöpfen kann Schrecken und Erstarrung wie durch Magie in eine innere Stärke verwandelt werden. Der Mensch wird bewusster, einfühlsamer. Er erlebt bewusst im MOMENT befreit zu SEIN.
Traumata Reaktionen des Verteidigungssystems
Traumasymptome entstehen durch die Erstarrungsreaktion, ein von unserem Reptiliengehirn aktivierter Überlebensmechanismus.
Das Verteidigungssystem verfügt über drei Wege zu reagieren: Kampf, Flucht oder Erstarrung.
Kampf durch die emotionale Erregung, verwandelt sich die aufgestaute Energie in Wut.
Misslingt der Kampf, führt dies möglicherweise zu einer Fluchtreaktion.
Misslingt der Fluchtversuch erstarrt das Lebewesen, stellt sich instinktiv tot. Die Energie bündelt bzw. komprimiert sich im Nervensystem, der Mensch erstarrt. Verflüchtigt sich die ganze Energie, wäre eine Bewusstlosigkeit/Ohnmacht die Konsequenz.
Gelingt es, aktivierte Energie durch Flucht oder Kampf zu neutralisieren, zu entladen, entsteht durch das traumatische Ereignis kein Trauma.
Misslingt es aus einer sehr bedrohlichen Situation zu fliehen, führt das Gefühl, ohnmächtig ausgeliefert zu sein, oft in die völlige Erstarrung/Immobilität.
Durch den unterbrochenen Reaktionszyklus wird die Energie im Organismus gespeichert, kann sich nicht auflösen bzw. entladen – ein Trauma entsteht. Das Trauma entsteht durch die physiologische Reaktion, nicht durch das Ereignis selbst. Es ist ein energetisches Drama, durch die eingefrorene, angestaute Energie hervorgerufen.
Eine traumatische Situation kann das Gehirn mit Stresshormonen überfluten und somit überfordern. Der Neocortex (verantwortlich für komplexes Denken) ist dem Hirnstamm (Reptiliengehirn – verantwortlich für Atmung, Reflexe) in dieser lebensbedrohlichen Situation unterlegen. Das Limbische System lässt instinktiv reagieren. Traumatische Erlebnisse können nicht genügend verarbeitet werden, sie werden unsortiert gespeichert. Dies hat für Betroffene oft verheerende Konsequenzen. Starke unverarbeitete Emotionen können zu denkbar ungünstigen Zeitpunkten wiederbelebt werden. Körperempfindungen vermitteln dann den Eindruck, das Trauma im – Hier und Jetzt – erneut als real zu erleben.
Folgen von Traumatisierung
- Alpträume
- Angst
- Autodestruktive Handlungen (Selbstverletzungen)
- Beziehungsstörungen
- Dissoziative Störungen
- Flashbacks
- Regulationsstörungen von Affekten
- Intrusionen
- Introjektionen
- Dissoziative Episoden
- Depersonalisation
- Fehlende Zukunftsperspektiven
- Stimmungsschwankungen
- Störungen des Bindungsverhaltens
- Vertrauensverlust
- Viktimisierung
- Reinszenierung des Traumas
- Schuld – und Schamgefühle
- Verlust der Impulskontrolle
- Störung des Selbstkonzeptes
- Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit
- Störungen der Selbstwahrnehmung
- Unfähigkeit sich selbst zu beruhigen
- Unzureichende Selbstfürsorge
- Veränderte Lebenseinstellung
- Spiritual growth
Bedrohungen oder als Bedrohung empfundene Situationen können zu einer strukturellen Dissoziation der Persönlichkeit führen, um den schmerzhaften oder sogar quälenden Erinnerungen, der Angst/Realität zu entfliehen.
Dissoziative Identitätsstörungen entwickeln sich durch extrem traumatische Erlebnisse, so dass verschiedene Persönlichkeitsanteile verschiedene Aufgaben übernehmen. Da es die Person nicht schafft, das erfahrene Trauma zu verarbeiten, fragmentiert sie sich in verschiedene Persönlichkeitsanteile, um den Alltag und das Trauma zu bewältigen. Es wird in ein Alltagssystem ANP – (anscheinend normale Persönlichkeitsanteile) und in ein Verteidigungssystem vertreten durch EP (emotionale Persönlichkeitsanteile) aufgespalten. Dies wurde früher als multipler Persönlichkeit bezeichnet.
Die dissoziierten Anteile der DIS (dissoziativen Identitätsstörung) werden ANP (anscheinend normale Persönlichkeitsanteile) und EP (emotionale Persönlichkeitsanteile) genannt. Der ANP fungiert „normal“, ist zuständig für die Ausführung von Alltagsaufgaben. Für das Überleben des Individuums, bei massiver Bedrohung, ist der EP verantwortlich. Es kann mehrere EP Anteile geben. Die Funktion des ANP kann durch Intrusionen des EP beeinträchtigt und gestört, deaktiviert werden. Im impliziten Misstrauensgedächtnis werden die traumatischen Erinnerungen des EP gespeichert, unbewusst für den Betroffenen. Durch bestimmte sensorische Reize / Trigger reflexhaft reaktiviert, können sie, in Zuständen hohen Erregungsniveaus, Flashbacks auslösen.
Trigger
Zeitspezifische Reize (z.B. Jahrestag) und sensorische Reize (wie Geräusche, Gerüche, Gesehenes, Gerspürtes), können als Trigger fungieren und intensive, emotionale Reaktionen auslösen. Physiologische Zustände wie Hyperarousal (Übererregbarkeit) und Hypervigilanz (ein Zustand hoher Alarmbereitschaft) / Alertness (Wachsamkeit ) Intrusion zur Folge haben.
Intrusion ist eine, durch einen Trigger (Schlüsselreiz) ausgelöste, unkontrollierbare Wiedererinnerung von traumatischen Erlebnissen.
Treten Intrusionen auf, kann das alltägliche Funktionsniveau kaum gehalten werden. Vergangenes wird sensomotorisch und emotional im Hier und Jetzt als real erlebt.
Bei Reaktivierungen sind Traumatisierte oft nicht in der Lage, die Intrusion des auf die Bühne getretenen EP (die einstigen traumatischen Erlebnisse) abzuwenden.
Konsequenzen der Dissoziativen Identitätsstörung (DIS)
- Angst vor dissoziativen Persönlichkeitsanteilen und vor traumatischen Erinnerungen.
- Furcht der ANP u. EP, sich innerer/ äußerer Realitäten bewusst zu werden.
- Verlust von Bedrohung und Bindung. Nähe/Distanzgefühl ist gestört.
- Vieles kann Reizauslöser für Bedrohung und/oder für Sicherheit sein.
Einteilung der dissoziativen Identitätsstörungen (DIS)
Primäre DIS (eine ANP und ein EP – akute Belastungsstörung und PTBS).
Sekundäre strukturelle, kleine DIS (ein ANP u. EP´s, die Funktionen wie Angst, Freeze, Unterwerfung und Wut übernehmen. (Komplexe PTBS, Borderline – Persönlichkeitsstörung und schwere dissoziative Störungen).
Tertiäre DIS verhindert Kohärente Persönlichkeitsentwicklung. Ständige Bedrohung forciert die Entwicklung mehrerer EPs.